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Die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und dem Iran sind von historischen, kulturellen und geopolitischen Faktoren geprägt. Beide Länder teilen viele Gemeinsamkeiten, darunter eine lange gemeinsame Geschichte, religiöse Verbindungen durch den schiitischen Islam und kulturelle Traditionen wie das zoroastrische Novruz-Fest. Trotz dieser Gemeinsamkeiten bestehen tiefgehende Spannungen, die sich aus geopolitischen, ethnischen und ideologischen Unterschieden ergeben. Besonders die große aserbaidschanische Minderheit im Iran stellt einen wichtigen Aspekt der bilateralen Beziehungen dar und birgt erhebliches Konfliktpotenzial. In diesem Artikel werden die historischen und kulturellen Grundlagen der Beziehungen, die geopolitischen Herausforderungen sowie die Rolle der aserbaidschanischen Gemeinschaft im Iran analysiert, um ein umfassendes Bild dieser komplexen Beziehung zu zeichnen.

Historische Wurzeln und kulturelle Gemeinsamkeiten

Die Verbindungen zwischen Aserbaidschan und dem Iran reichen Jahrhunderte zurück. Beide Länder blicken auf eine gemeinsame Geschichte, die durch verschiedene Dynastien geprägt wurde, darunter die Safawiden, Afschariden und Kadscharen, die alle türkische Wurzeln hatten und über große Teile des heutigen Irans und Aserbaidschans herrschten. In dieser Zeit wurde der kulturelle Austausch gefördert, und viele Traditionen, darunter die Feier des Novruz-Festes, haben bis heute Bestand.

Die Figur des berühmten Poeten Nizami Gandschavi, der im heutigen Aserbaidschan lebte und auf Persisch dichtete, ist ein Symbol für die kulturelle Verflechtung der beiden Länder. Sowohl Aserbaidschan als auch der Iran beanspruchen sein Erbe für sich. Diese geteilten kulturellen Elemente hätten theoretisch eine Grundlage für eine engere Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten bilden können. Doch die historischen Entwicklungen und insbesondere die geopolitischen Realitäten haben dies verhindert.

Die Teilung des aserbaidschanischen Volkes und ihre Folgen

Ein zentraler Punkt, der die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und dem Iran prägt, ist die Teilung des aserbaidschanischen Volkes nach dem Frieden von Turkmantschai im Jahr 1828. Durch diesen Vertrag wurde das Gebiet des heutigen Aserbaidschans zwischen dem Russischen Reich im Norden und dem Persischen Reich im Süden geteilt. Diese Teilung führte zur Trennung der aserbaidschanischen Gemeinschaft, wobei etwa 30 Millionen Aserbaidschaner heute im Iran leben, während die Bevölkerung der unabhängigen Republik Aserbaidschan nur etwa 10 Millionen beträgt.

Diese demographische Besonderheit hat bis heute weitreichende Konsequenzen für die Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Die große aserbaidschanische Minderheit im Iran wird von der iranischen Regierung oft als potenzielles Risiko angesehen, da Teheran befürchtet, dass diese Minderheit separatistische Tendenzen entwickeln könnte, die zu einer Spaltung des Iran führen könnten. Die aserbaidschanische Gemeinschaft im Iran ist daher ein sensibles Thema in der iranischen Innenpolitik.

Die Politik der Persisierung und ihre Auswirkungen

Nach der Machtübernahme der Pahlavi-Dynastie im Iran im Jahr 1925 begann eine systematische Politik der Persisierung, die darauf abzielte, die ethnischen Minderheiten, insbesondere die Aserbaidschaner, zu assimilieren. Diese Politik ging so weit, dass die Aserbaidschaner als „turkifizierte Arier“ dargestellt wurden, um ihre kulturellen und sprachlichen Unterschiede herunterzuspielen und sie in die iranische Identität zu integrieren. Turkstämme wurden als „nomadische Barbaren“ abgetan, was die Diskriminierung und Marginalisierung der Aserbaidschaner verstärkte.

Diese Assimilierungspolitik führte dazu, dass viele Aserbaidschaner, die in den iranischen Städten lebten, insbesondere in der Hauptstadt Teheran, ihre kulturellen Wurzeln verloren und sich in die persische Gesellschaft integrierten. Auch nach der islamischen Revolution von 1979 blieb diese Politik bestehen, wobei der Fokus nun auf der schiitischen Religion lag. Die nationale Identität trat in den Hintergrund, während die religiöse Einheit betont wurde. Dennoch blieben die Spannungen zwischen der aserbaidschanischen Gemeinschaft und der iranischen Regierung bestehen, da die Aserbaidschaner weiterhin um kulturelle Rechte und Autonomie kämpften.

Geopolitische Spannungen: Aserbaidschan, Iran und der Konflikt um Berg-Karabach

Ein weiterer zentraler Aspekt der iranisch-aserbaidschanischen Beziehungen ist der Konflikt um die Region Berg-Karabach, der nach der Unabhängigkeit Aserbaidschans 1991 ausbrach. Armenien besetzte Teile Aserbaidschans, und der daraus resultierende Krieg führte zu Hunderttausenden Vertriebenen in Aserbaidschan. Angesichts der religiösen Gemeinsamkeiten zwischen Iran und Aserbaidschan hätte man erwarten können, dass der Iran Aserbaidschan in diesem Konflikt unterstützt. Überraschenderweise hat sich der Iran jedoch auf die Seite Armeniens gestellt, was die Spannungen zwischen Teheran und Baku weiter verschärfte.

Diese geopolitische Haltung des Iran lässt sich teilweise durch die Befürchtungen Teherans erklären, dass eine Stärkung Aserbaidschans die separatistischen Bestrebungen der aserbaidschanischen Minderheit im Iran fördern könnte. Die Unterstützung Armeniens dient somit auch dazu, Aserbaidschan geopolitisch zu schwächen und den Einfluss Bakus in der Region zu begrenzen.

Zusätzlich zu diesen Spannungen haben sich auch externe Akteure wie Israel in die Region eingeschaltet. Aserbaidschan hat seit den 1990er Jahren enge Beziehungen zu Israel aufgebaut, insbesondere im Bereich der militärischen Zusammenarbeit. Israel hat Aserbaidschan mit Drohnen und Überwachungstechnologie ausgestattet, um die Grenze zum Iran zu sichern, was Teheran als Bedrohung seiner nationalen Sicherheit betrachtet. Diese enge Zusammenarbeit mit Israel hat die Spannungen zwischen Iran und Aserbaidschan weiter verstärkt.

Die Rolle der aserbaidschanischen Minderheit im Iran

Die aserbaidschanische Minderheit im Iran spielt eine entscheidende Rolle in den bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Sie ist die größte ethnische Minderheit im Iran und hat in den letzten Jahren zunehmend ihre Stimme erhoben. Die Proteste der Aserbaidschaner im Iran haben sich in den letzten Jahren nicht nur auf interne Themen wie die kulturelle Autonomie und den Schutz der Umwelt konzentriert, sondern auch auf internationale Angelegenheiten wie den Konflikt um Berg-Karabach. Dies zeigt, dass die aserbaidschanische Gemeinschaft im Iran zunehmend politisch aktiv wird und ihre Solidarität mit der Republik Aserbaidschan zum Ausdruck bringt.

Besonders nach dem Krieg um Berg-Karabach im Jahr 2020 kam es zu massiven Protesten in den aserbaidschanischen Gebieten des Iran. Die Demonstranten zeigten ihre Unterstützung für Aserbaidschan und forderten den Iran auf, die territoriale Integrität Aserbaidschans zu respektieren. Diese Proteste waren ein starkes Zeichen für die wachsende Identifikation der iranischen Aserbaidschaner mit der Republik Aserbaidschan und stellten eine ernsthafte Herausforderung für die iranische Regierung dar.

Die iranische Regierung reagierte auf diese Proteste mit einer Mischung aus Repression und Beschwichtigung. Einerseits wurden Proteste unterdrückt, andererseits versuchte Teheran, durch offizielle Erklärungen die Situation zu beruhigen, indem es betonte, dass die territoriale Integrität Aserbaidschans respektiert werde. Dennoch bleibt das Potenzial für weitere Unruhen bestehen, insbesondere angesichts der wachsenden Verbindungen zwischen der aserbaidschanischen Gemeinschaft im Iran und der Republik Aserbaidschan.

Die Wahl von Masud Pezeschkian und ihre Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen dem Iran und Aserbaidschan

In Ergänzung zum Thema der komplizierten Beziehungen zwischen Aserbaidschan und dem Iran kommt die politische Lage im Iran selbst hinzu, die durch den Tod von Präsident Ebrahim Raisi am 19. Mai 2024 erheblich erschüttert wurde. Raisi starb bei einem Hubschrauberabsturz nahe der Grenze zu Aserbaidschan, nachdem er gemeinsam mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev ein Infrastrukturprojekt eingeweiht hatte. Dieser Vorfall führte zur vorgezogenen Präsidentschaftswahl im Juni 2024, bei der sich die politischen Spannungen im Iran weiter verschärften.

Ein bedeutendes Ereignis im Iran ist die Wahl von Masud Pezeschkian zum Präsidenten des Iran im Juni 2024. Pezeschkian gilt als Vertreter des reformistischen Flügels innerhalb der iranischen Elite und tritt für einen gemäßigteren Kurs in der Innen- und Außenpolitik ein. Im Gegensatz zu seinen konservativen Vorgängern, wie dem fundamentalistischen Ebrahim Raisi, dessen Regierung als hart und repressiv galt, hat Pezeshkian während seiner Wahlkampagne betont, dass er sich für mehr soziale Freiheiten, insbesondere für Frauen, einsetzen wird. So kritisierte er beispielsweise die Verhaftung von Frauen wegen des Nichttragens des Hijabs und betonte, dass es keine Zwangsmaßnahmen oder unmenschliches Verhalten gegenüber Frauen geben dürfe.

Diese Position könnte potenziell die Spannungen innerhalb der iranischen Gesellschaft verringern, insbesondere nach den Massendemonstrationen von 2022, die durch den Tod von Mahsa Amini ausgelöst wurden. Amini starb nach ihrer Verhaftung durch die Sittenpolizei, was landesweite Proteste gegen das strikte Hijab-Gesetz und die Repressionen der Regierung entfachte. Pezeschkian strebt eine gesellschaftliche Liberalisierung an, auch wenn es fraglich bleibt, inwieweit er angesichts der dominanten Macht des obersten Führers Ayatollah Ali Chamenei die angekündigten Reformen umsetzen werden.

Laut einem Bericht der Jerusalem Post vom 29. September 2024 stiegen die Spannungen zwischen Israel und dem Iran weiter an, als der iranische Außenminister in einem aufsehenerregenden Tweet die Rolle Aserbaidschans in der Region kritisierte und Israel indirekt als Gefahr für die Stabilität im Kaukasus bezeichnete. Diese Aussagen fielen nach einem Gipfeltreffen zwischen israelischen und aserbaidschanischen Vertretern, das in Baku stattfand. Dabei wurden insbesondere sicherheitspolitische und wirtschaftliche Themen besprochen. Die iranische Regierung verurteilte dieses Treffen scharf und nannte die wachsenden Beziehungen zwischen Israel und Aserbaidschan eine Bedrohung für die nationale Sicherheit des Iran. Laut einem Bericht der Jerusalem Post könnte Aserbaidschan ein potenzielles Ziel für iranische Vergeltungsschläge werden, falls die Spannungen zwischen Israel und dem Iran weiter eskalieren. Diese Angriffe wären als eine Warnung an Baku gedacht, das immer engere Beziehungen zu Israel pflegt.

Die Rolle des iranischen Präsidenten im  politischen System

Es ist wichtig zu betonen, dass der Präsident im politischen System des Iran eine repräsentative Rolle einnimmt, ähnlich wie ein Premierminister in anderen Ländern. Die eigentliche Macht liegt beim obersten Führer, der die allgemeine Strategie der Innen- und Außenpolitik bestimmt. Dennoch kann ein Präsident durch seine Politik die innenpolitischen Spannungen im Land beeinflussen und das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen politischen Fraktionen verschieben. Pezeshkian wird als schwacher Präsident eingeschätzt, da er keine weitreichenden Befugnisse hat und in vielen Fragen auf die Unterstützung des obersten Führers angewiesen ist. Dies betrifft insbesondere die heiklen Themen wie die Freilassung von politischen Gefangenen oder die Lockerung gesellschaftlicher Normen .

Perspektiven und mögliche Entwicklungen

Die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und dem Iran bleiben auch in Zukunft komplex und angespannt. Auf der einen Seite gibt es historische und kulturelle Verbindungen, die eine Grundlage für eine engere Zusammenarbeit schaffen könnten. Auf der anderen Seite verhindern geopolitische Spannungen, die Angst vor separatistischen Tendenzen der aserbaidschanischen Minderheit im Iran und die Einmischung externer Akteure wie Israel eine echte Annäherung.

Die aserbaidschanische Minderheit im Iran bleibt ein zentraler Faktor in diesen Beziehungen. Ihre wachsende politische Aktivität und ihre Solidarität mit der Republik Aserbaidschan könnten in Zukunft zu weiteren Spannungen führen. Teheran wird weiterhin versuchen, diese Bewegung zu kontrollieren, um die territoriale Integrität des Iran zu wahren. Gleichzeitig könnte die Republik Aserbaidschan versuchen, ihre Einflussnahme auf die aserbaidschanische Gemeinschaft im Iran zu verstärken, um ihre eigene Position in der Region zu stärken.

Eine Lösung für diese komplexen Beziehungen ist derzeit schwer abzusehen. Solange die geopolitischen Spannungen bestehen und die iranische Regierung ihre Assimilierungspolitik gegenüber den Aserbaidschanern fortsetzt, wird es schwierig sein, eine echte Annäherung zwischen den beiden Ländern zu erreichen. Gleichzeitig bleibt die aserbaidschanische Minderheit im Iran ein potenzieller Auslöser für weitere Konflikte, insbesondere wenn sie ihre Forderungen nach kulturellen Rechten und politischer Autonomie weiter verstärkt.


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