Kalbadschar (auch Kalbajar, aser. Kəlbəcər) ist eine Stadt in Aserbaidschan, die am Oberlauf des Flusses Tärtär (aser. Tərtərçay) liegt.
Die Region Kalbadschar erstreckt sich entlang der Abhänge des Kleinen Kaukasus. Das administrative Zentrum bildet die gleichnamige Stadt. Der Name „Kalbadschar“ lässt sich mit „hoher Pass“ oder „hohes Gelände“ übersetzen. Die Entfernung zur Hauptstadt Baku beträgt etwa 445 km. Die Region ist vor allem für ihre Mineralquellen bekannt, darunter mehrere Thermalquellen. Die bekannteste Quelle, Istisu („warmes Wasser“), gab auch dem dortigen Kurort seinen Namen.
Das Gebiet von Kalbadschar umfasst insgesamt 3.054 km². Es gibt eine größere Stadt, den Kurort Istisu (während der Sowjetzeit), sowie 145 Dörfer. Zusätzlich wurden etwa 20 Dörfer des Bezirks Aghdärä in die Verwaltungsstruktur von Kalbadschar eingegliedert. Der Bezirk Kalbadschar erhielt am 8. August 1930 offiziell seinen Status als Verwaltungsbezirk. Im Jahr 2020 betrug die registrierte Einwohnerzahl des Bezirks 94.100 Personen.
Im Frühjahr 1993 wurde die Region Kalbadschar von Armenien besetzt. Während dieser Zeit wurden mehr als 54.000 Menschen zur Flucht gezwungen und mussten ihre Häuser verlassen. 321 Menschen wurden gefangen genommen oder gelten als vermisst, und 511 Menschen wurden getötet.
Infolge der Besetzung wurden 97 Schulen, 116 Bibliotheken, 9 Kindergärten, 42 Erholungszentren, 43 Klubs, das Museum für regionale Geschichte, 75 medizinische Zentren, 9 Krankenhäuser, 9 Apotheken sowie Tausende von Wohnungen und Privathäusern zerstört und geplündert.
Am 10. November 2020 unterzeichneten Ilham Aliyev, der Präsident Aserbaidschans, Nikol Paschinjan, der Ministerpräsident Armeniens, und Wladimir Putin, der Präsident Russlands, ein Abkommen zur Beendigung des Krieges zwischen Armenien und Aserbaidschan. Im Rahmen dieses Abkommens übergab Armenien die Region Kalbadschar am 25. November 2020 wieder unter aserbaidschanische Kontrolle.
Die Mineralquelle Istisu
Im Bezirk Kalbadschar befindet sich die heilende Mineralquelle Istisu, deren Name und wohltuende Wirkung sich schon weit über die Region hinaus verbreitet hat.
Die Istisu-Quelle verdient daher eine besondere Erwähnung, da die einzigartigen Eigenschaften des „lebendigen Wassers“ bereits Millionen von Menschen geheilt und wiederbelebt haben. Die Quelle befindet sich an den Hängen der Berge im Westen von Kalbadschar, in einer Höhe von 2.225 m über dem Meeresspiegel.
Die Istisu-Quelle entstand während eines starken Erdbebens im Jahr 1138, als sich Brüche in der Erdkruste zeigten. Das Wasser gilt als hyperthermal und hydrocarbonat-, sulfat-, chlorid-, natrium- sowie kohlensäurehaltig. Istisu verfügt insgesamt über zwölf einzelne Quellen, die eine therapeutische Wirkung auf verschiedenste Krankheiten einer Person haben können. In den 80er-Jahren wurde hier noch eine Fabrik zur Mineralwassergewinnung und ein großes Kurhaus gebaut. Im Dorf Istisu in der ehemaligen Sowjetunion gab es Sanatorien von unionsweiter Bedeutung, die jährlich 50.000 Menschen aufnahmen.
Das Istisu-Quellwasser zog die Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt auf sich. Der verstorbene Akademiker Mirali Gaschgay (aser. Mirəli Qaşqay) bezeichnete die Mineralwasserquelle in der Region Kalbadschar als das wertvollste Geschenk der Natur. Er erwähnte, dass das Wasser durch seine physikalischen Eigenschaften und chemische Zusammensetzung den Quellen in der Tschechischen Republik (im Kurort Karlsbad) ähnlich ist. Der Naturwissenschaftler E. E. Karstenskii hat das Wasser aus den Istisu-Mineralquellen ebenfalls analysiert und schätzte die heilenden Eigenschaften als besonders hoch ein. Er war der Überzeugung, dass die Quelle mit ihren positiven Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen nicht nur in seiner Heimat, der damaligen UdSSR, sondern in der ganzen Welt Berühmtheit erlangen könnt.
Die Wassertemperatur in Istisu beträgt 58,8 °С. Ein Liter Wasser enthält 6,7 g Mineralien: Phosphor, Zink, Nickel, Lithium, Jod, Brom, Kupfer, Magnesium, Arsen, Eisen und andere chemische Elemente. Eine der Quellen von Istisu sprudelt bis zu einer Höhe von acht Metern. Mehr als 600 Millionen Liter Wasser fließen jedes Jahr aus den Istisu-Quellen. Dabei wird nur ein kleiner Teil von den Pflanzen genutzt, die das Wasser sammeln.
Entwicklungsplan für Kalbadschar bis 2040
Um das Tourismuspotenzial dieser Region komplett auszunutzen, wird eine neue Straße von Göygöl zum Bezirk Kalbadschar gebaut. Mit einer Länge von 102 Kilometern wird der neue Verkehrsweg durch Murovdağ, vom Dorf Toğanalı des Göygöl-Bezirks nach Kalbadschar und von dort nach Istisu führen. Das Verkehrsnetz soll noch weitere Neuerungen erfahren: U. a. ist der Bau einer Ringstraße von Kalbadschar nach Latschin, einer Straße von Gubadly nach Latschin und einer Schnellstraße für die Route Goradiz-Dschäbrail-Zangilan-Gubadly geplant.
Im Mai 2024 verabschiedete das Kabinett der Minister der Republik Aserbaidschan den „Generellen Entwicklungsplan der Stadt Kalbadschar bis 2040“, der unter Berücksichtigung des Stadtbildes vor der Besetzung, der topografischen Gegebenheiten sowie der historischen und architektonischen Traditionen ausgearbeitet wurde. Geplant von der Schweizer Firma Sa Partners und dem Staatlichen Planungsinstitut Baku, umfasst der Plan die Erweiterung der Stadt auf 290 Hektar mit einer Bevölkerung von 17.000 Menschen, wobei das Stadtzentrum aus mittelstöckigen Wohn- und Verwaltungsgebäuden bestehen und die Randgebiete vorwiegend private Wohnhäuser beherbergen werden.
Entlang der Hauptstraße, die von Nordosten nach Südwesten verläuft, sind eine Industriezone am Stadteingang, das Zentrum mit öffentlichen Einrichtungen und touristische sowie soziale Einrichtungen im Südwesten vorgesehen. Neben 4.250 neuen Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 488.000 Quadratmetern sind vier Schulen, vier Kindergärten, zwei Krankenhäuser, ein Rehabilitationszentrum, Museen zur Besetzung und zum Sieg sowie Hotels, Restaurants und Sportanlagen geplant. Etwa 22 % der Stadtfläche werden begrünt, was einer außergewöhnlichen Pro-Kopf-Grünfläche von 33 Quadratmetern entspricht, während 27 km Straßen und 22 km Fahrradwege eine moderne Infrastruktur schaffen sollen.
Kalbadschar wird zudem als Teil der „grünen Energiezone“ mit erneuerbaren Energien versorgt und seine Trinkwasserversorgung über den Aghchay-Fluss sichergestellt. Die wirtschaftliche Entwicklung wird sich auf den Dienstleistungssektor, insbesondere den Tourismus, sowie die Landwirtschaft stützen, wobei die Nähe zum sanierten Kurort Istisu die Förderung des Gesundheitstourismus begünstigen und zur nachhaltigen Beschäftigung der Bevölkerung beitragen soll.
Benutzte Quellen:
Irs
https://www.virtualkarabakh.az/ru/post-item/27/98/kelbecer.html
https://az.sputniknews.ru/event/20180402/414675104/kelbadzhar-azerbajdzhan-karabah-armjane.html
https://haqqin.az/news/198210
https://qafqazinfo.az/news/detailru/-27074
Titelbild: prezident.az
Entdecke mehr von Masimov
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.